Kontakt

PresseEcho

01.08.2003
vorwärts

Schüler gründen eine Firma

Der Einstieg ins Berufsleben ist schwer, für manche ist er besonders schwer. Schülerfirmen können ein Sprungbrett sein.

Punkt acht holt René die Schrippen aus dem Ofen. Drei Bleche, goldbraun und herrlich duftend. Eine Stunde Teig kneten, abwiegen - 64 bis 66 Gramm pro Brötchen müssen es sein - und rollen hat der 15-Jähri¬ge schon hinter sich. Der Sauerteig für das Schrotbrot liegt in den Kastenformen bereit. Klar, ein Bäckerlehrling, denkt man sofort. Falsch gedacht. Rene geht noch zur Schule. Doch für die Arbeit in der „Kids-Backstube" steht er ein paar Mal im Monat gerne früher auf.

Die „Kids-Backstube" der Pestalozzi-Schule im Berliner Stadtteil Zehlendorf gehört zum Netzwerk Berliner Schülerfinnen. 25 sonderpädagogische Förderzentren mit insgesamt 65 Firmen beteiligen sich seit Herbst 2001 an dem aus EU- und Landesmitteln finanzierten Projekt, das „lernbehinderten" Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben erleichtern soll. „Untersuchungen haben gezeigt, dass nur etwa fünf von 100 Förderschülern eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben", sagt Arno Schelzke vom gemeinnützigen Projektträger AS1G (Arbeit-Schule-Integrationsgesellschaft e.V.). Um das zu ändern und typische „Maßnahmekarrieren" zu verhindern, setzen Schelzke - im Hauptberuf Wirtschafts- und Unternehmensberater -und seine Mitarbeiter auf das Konzept Schülerfirma. Egal ob Fahrradwerkstatt, Catering oder Backstube: überall, wo geplant, eingekauft, produziert, verkauft und abgerechnet wird, begreifen die Jungen und Mädchen, wozu Mathematik und Lesen in der Praxis wichtig sind. Das motiviert und stärker das Selbstbewusstsein.

Wie viele Schrippen kommen aufs Blech, wenn wir sie mit vier Reihen zu je drei Brötchen belegen, fragt Erika Kreil, die als Lehrerin die „Kids-Backstube" betreut. Rene und seine Klassenkameradin Katharina (17), die in dieser Woche freiwillig den Frühdienst machen, halten inne. Es dauert, bis die Antwort kommt. „Zeit ist hier wichtig und viel Geduld", sagt Bäckermeister Jörg Fuchs (58). Von ASIG und Arbeitsamt als so genannter Praxisbegleiter in die Backstube geschickt, musste der große, kräftige und zupackende Mann erst einmal lernen, dass es nicht um Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit geht. Sondern ums Lernen fürs Leben.

Deshalb werden in den Schülerfirmen, die Teil des Unterrichts sind, auch soziale Kompetenzen vermittelt Die Jugendlichen arbeiten im Team, müssen Regeln einhalten - Pünktlichkeit, Höflichkeit und Sauberkeit sind in der „Kids-Backstube" das A und O - und Verantwortung übernehmen. „Natürlich dürfen Fehler gemacht werden", sagt Fuchs. „Die Schüler müssen mir das nur rechtzeitig sagen. Dann kann man noch vieles richten."

Die ortsansässigen Betriebe müssen die Schülerkonkurrenz nicht fürchten. Großen Gewinn sollen und wollen die Schülerfirmen nicht machen. Sie bieten Waren und Dienstleistungen meist nur schulintern an. Auch an der Pestalozzi-Schule wird nur gebacken, was in den Pausen verkauft oder von Lehrern, Eltern und Schülern bestellt wird. Eine gute Kooperation mit der Wirtschaft ist wichtig. Betriebsbesichtigungen und Praktika sollen zusätzlich die Chancen der Schüler auf eine Lehrstelle erhöhen. Dass das Konzept aufgeht, davon ist Dietmar Reich überzeugt. Der Direktor der Pestalozzi-Schule will deshalb im kommenden Schuljahr zwei weitere Schülerfirmen an den Start schicken. Zur „Kids-Backstube" und der noch älteren Catering-Firma kommen eine Textil- und eine Holzwerkstatt dazu. 

(Vera Büttner)

Weiterführende Informationen

 

Pressekontakt

Ihre Presseanfragen richten Sie freundlicherweise an:

ASIG
Meierottostraße 8-9
10719 Berlin
Deutschland

Tel. +49 (0)30 4690540
Fax +49 (0)30 46905420

E-Mail: presse@asig-berlin.de

Standort

Zentral in Berlin-Wilmersdorf, erreichbar mit den U-Bahn-Linien U9 und U3, direkt an der U-Bahn-Station Spichernstraße.